Seit einigen Jahren dreht sich in der Produktion alles um Industrie 4.0. Aber was bedeutet das genau? Der Begriff Industrie 4.0 lässt sich nicht in eine Definition zwängen. Die Bandbreite der Anwendungsfälle umfasst ein viel zu breites Spektrum. Im Allgemeinen beschreibt der Begriff die vierte industrielle Revolution, die sich dadurch auszeichnet, dass eine Vielzahl von Beteiligten der industriellen Produktion vernetzt sind und interagieren. Das umfasst den Kunden, das Produkt, die Produktionsmaschinen, die Softwaresysteme und auch die Menschen, die bei der Herstellung beteiligt sind. Das Produkt an sich wird dabei in der Idealvorstellung über den ganzen Produktlebenszyklus begleitet. Der Name wurde durch einen Arbeitskreis der Forschungsunion Wirtschaft – Wissenschaft des BMBF etabliert, 2011 veröffentlicht und 2013 auf der Hannover Messe als Handlungsempfehlung Industrie 4.0 der Kanzlerin Angela Merkel übergeben. Dieser Blogbeitrag erklärt die Bedeutung von Industrie 4.0 leicht verständlich und praxisnah.

Die Revolution getrieben durch Digitalisierung: Menschen, Maschinen und Produkte sind direkt miteinander vernetzt

Vernetzung - Industrie 4.0

Der entscheidende Schritt gegenüber der Industrie 3.0 ist die Vernetzung und Kommunikation zwischen Systemen. Mit der dritten industriellen Revolution zogen die Computer-gesteuerten Maschinen und Anlagen in die Produktion ein. Im Ergebnis entstand eine moderne Produktion 3.0 aus intelligenten Maschinen und Anlagen, die aber weitestgehend autark Ihre Aufgaben erledigten. Die Basis für den nächsten Schritt war damit geschaffen und durch die Vernetzung der intelligenten Systeme und Maschinen wurde daraufhin die Industrie 4.0 ins Leben gerufen.
Vernetzung ermöglicht den Systemen Daten zu jeder Zeit zu empfangen und zu senden. Der Datenaustausch ist der wichtigste Faktor zur Umsetzung der Ziele von Industrie 4.0: Selbststeuernde Produktion und Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette. Nur wenn alle Beteiligten der Produktion und Wertschöpfungskette über die richtigen Daten zur richtigen Zeit verfügen, können wertvolle Entscheidungen getroffen werden und die Produktion danach ausgerichtet werden. In der perfekten Industrie 4.0-Welt gibt es keine Daten-Inseln mehr, sondern alle Systeme tauschen ständig Daten mit den für sie relevanten Gegenstellen aus.

Selbststeuernde Prozesse Schritt für Schritt realisieren und damit in das neue industrielle Zeitalter gelangen

Selbststeuernde Maschinen

Eine sich selbst steuernde Maschine ist ein weit gestecktes, sowie auch ein sehr undefiniertes Ziel. Die Vorstellung eines Prozesses, welcher komplett eigenständig eine Aufgabe erledigt, klingt wie eine ferne Zukunftsvision. Aber für die Umsetzung der Vision „Industrie 4.0“ kann auch in kleineren Schritten gedacht werden. Eine bisher autarke Computer-gesteuerte Maschine hat durch Ihre Vernetzung eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Ein erster großer Schritt ist zum Beispiel die elektronische Übergabe des Produktionsauftrages an die Maschine vor Produktionsstart. Allein hierdurch wird ein großer Gewinn an Zeit und Datenqualität geschaffen. Und außerdem die Möglichkeit zur höheren Variantenvielfalt, da manuelle Rüstvorgänge für Auftragsdaten und Produktionsparameter entfallen. Im Idealfall gelangen die Kundenwünsche für ein Produkt von der Auftragseingabe des Kunden bis in die Maschine auf direktem elektronischem Weg. Ist die Maschine dann in Produktion, hat Sie durch die Vernetzung Zugriff auf alle Informationen, die für Ihre Arbeit notwendig sind. Verfügbarkeiten können von den vor- und nachgelagerten Prozessen in Echtzeit abgefragt werden, Prozesse innerhalb der Maschine werden intelligent darauf ausgerichtet, Material wird dynamisch nach Bedarf angefordert und kritische Zustände werden dezentral gemeldet. Die Möglichkeiten durch die Vernetzung sind vielfältig. Und diese Möglichkeiten können Schritt für Schritt implementiert werden. Mit jeder weiteren Industrie 4.0-Interaktion wird die Effizienz erhöht. Dabei gilt dies nicht nur für Neu-Anlagen, sondern auch Bestandsanlagen können durch Aufrüstung der Vernetzungskomponenten mit integriert werden. Der Weg in die Industrie 4.0 kann interaktiv erfolgen.

Das große Ziel: Losgröße 1

Losgröße 1 in der Produktion

Dem Kunden ein individuelles Produkt zu produzieren und zu liefern, das soll durch Industrie 4.0 auch in großen Produktionen möglich werden. Werden Produktionsaufträge aus Kundenaufträgen generiert und direkt an die Maschine gesendet, ist das Ziel „Losgröße 1“ erreichbar. Es geht dabei darum, jedes einzelne produzierte Produkt kundenspezifisch, also nach seinen Anforderungen und Wunsch-Parametern, zu fertigen. Die Fähigkeit zu einer so feinen Granularität muss natürlich bei der Maschine vorhanden sein. Aber unabhängig von der konkret machbaren Granularität, ist Variantenvielfalt und kundenspezifische Produktion heute in jeder Branche gewünscht und ist am Ende Wettbewerbsvorteil. In der Fertigungsindustrie ist dieses Ziel schon lange Thema. In der Prozessindustrie sind kleine Losgrößen schwieriger zu produzieren, aber auch hier treiben Kundenwünsche zu bestimmten Produkteigenschaften und speziellen Verpackungswünschen die Entwicklung in Richtung Industrie 4.0-Produktion voran.

Produktionslogistik: Prozessverbesserung vorprogrammiert

Identifikationsmechanismen

Produktionsanlagen sind während der Produktion darauf angewiesen, mit den nötigen Rohmaterialien und Hilfsmitteln versorgt zu werden, um effizient produzieren zu können. Die Vernetzung in der Industrie 4.0 bietet hier immense Verbesserungen. Wurden früher von den Anlagen Materialanforderungen und Bereitschaftsmeldungen in Form elektrischer Signale gemeldet, jetzt können komplexe Nachrichten mit der Produktionslogistik ausgetauscht werden. So kann rechtzeitig vor Produktionsbeginn von der Anlage selbst schon das für den Auftrag benötigte Material angefordert werden, genauso wenn festgestellt wird, dass es zur Neige geht. Wird das Material der Anlage bereitgestellt, kann die Anlage eigenständig durch Identifikationsmechanismen (Barcode, 2D-Code, RFID, etc.) prüfen, ob das Material dem angeforderten entspricht und bei entsprechender Vernetzung sogar eine Freigabe vom QM-System erfragen. Diese neuen Möglichkeiten sparen Zeit, da manuelle Prozesse eliminiert werden und die Logistik-Anforderungen zur optimalen Zeit erfolgen. Und außerdem sparen sie Geld, da ein Produkt nicht mit falschen Rohstoffen oder falscher Verpackung produziert wird und dadurch wertlos wird.

Industrie 4.0 schafft den Blick aufs Ganze und damit erhebliches Optimierungspotential

Maintanance

Die Vernetzung in der Industrie 4.0 bringt neben vielen Prozessverbesserungen auch die Möglichkeit viele Daten zu erfassen. Mit Big Data sind heute Technologien verfügbar um diese in Nutzen zu verwandeln. Big Data ist in der Lage die exponentiell wachsenden Datenmengen aufzunehmen und zur Auswertung wieder bereitzustellen. Was aus den erfassten Daten gemacht wird, kann stetig weiterentwickelt werden. Schon jetzt gängige Anwendungsfälle sind Predictive Maintenance und das ganzheitliche PLM (Product Lifecycle Management). Im Predictive Maintenance wird aus den gesammelten Daten der Zustand und der Wartungsbedarf einer Maschine, Anlage oder auch des Produktes ermittelt. Statt inneffiziente zyklische Wartung durchzuführen oder gar einen Ausfall durch versäumte oder zu späte Wartungen, wird beim Predictive Maintenance der richtige Zeitpunkt für die Wartung aus den Daten ermittelt. Entweder über Algorithmen oder über KI (künstliche Intelligenz).

Beim PLM wird die Vernetzung genutzt, um den sogenannten digitalen Zwilling mit der Realität zu verbinden. Der digitale Zwilling ist ein Abbild des Produktes, welches auch eine Maschine oder Anlage sein kann. In ihm sind die Eigenschaften und Verhaltensweisen des realen Objektes nachgebildet. Durch die Daten, die über die Vernetzung von dem realen Objekt in den digitalen Zwilling transferiert werden, kann der aktuelle Zustand der Produkte und der Produktion in Echtzeit eingesehen und bewertet werden. Daraus werden wiederum Entscheidungen abgeleitet, die in den Prozess und auch in die Produktentwicklung zurückfließen. Damit wird das Produkt aktiv durch Daten und deren Anwendung verbessert.

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